Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier by Courtney Schafer

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier by Courtney Schafer

Autor:Courtney Schafer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lübbe Digital
veröffentlicht: 2013-10-14T16:00:00+00:00


KIRAN

Das war die längste Nacht seines Lebens gewesen. Nachdem es dunkel geworden war, war es in der Hütte stockfinster. Es raschelte und scharrte an den Hüttenwänden und klang viel zu laut für gewöhnliche Nager. Immer wieder bildete er sich ein, verstohlene Schritte zu hören, während der Wind durch die Kiefern heulte.

Noch mehr setzte es ihm zu, wenn die Dunkelheit kaltem magischen Licht wich und er Wald unter sternklarem Himmel sah. Das tastende, suchende Zupfen in seinem Geist wurde mit jeder Vision stärker, und schließlich spürte er es permanent, selbst wenn er nur seine eigene Umgebung sah. Aus seiner Ikilhia wob er frustrierend schwache Abwehrzauber und betete, Dev möge rechtzeitig zurückkommen.

Einmal sah er nicht nur eine fremde Landschaft, sondern eine graue Gestalt unter einem Baum, die sich zu ihm umdrehte und ihr Gesicht zeigte: Mikails gleichmütige Miene. Sein Mund bewegte sich, aber Kiran konnte nicht lippenlesen. Mikails Finger leuchteten grünlich, und er gab ihm damit Zeichen. Das Bild verschwand so plötzlich wie die anderen Visionen auch, und Kiran starrte mit Herzklopfen in die Dunkelheit.

Mikail war offenbar angewiesen, die Reise zu beschleunigen, während Ruslan sich darauf konzentrierte, einen Fehler in Kirans Schutzzauber zu finden. Mikail, immer so verlässlich, so gehorsam … Kiran barg das Gesicht in den Händen. Warum war er so blind gewesen und hatte Mikail für einen Verbündeten gehalten? Finstere Erinnerungen stiegen in ihm auf.

»Bruder«, flüsterte Mikail. »Bist du wach?«

Zögernd hob Kiran den Kopf vom Steinboden. Seine Augen fühlten sich heiß und verklebt an, seine Kehle wund. Mikail stand dicht vor den dunkelrot leuchtenden Schutzzeichen, die Kiran umgaben.

»Du siehst schrecklich aus«, sagte Mikail. Er bückte sich und schob ein seidenes Päckchen über die verschnörkelten Linien auf dem Boden. Sie flackerten auf und beruhigten sich wieder. »Ich habe dir etwas zu essen gebracht.«

Bei dem warmen Buttergeruch des Kallasbrotes drehte sich ihm der Magen um. »Ich will es nicht«, sagte Kiran heiser.

Mikail seufzte. »Ich hätte wohl Wasser mitbringen sollen. Aber du solltest etwas essen. Du wirst deine Kräfte brauchen. Besonders wenn du weiter so gegen Ruslan kämpfen willst. Warum tust du das? Du weißt, du kannst nicht gewinnen.«

»Du kennst den Grund.« Der Zorn brachte ihn auf die Beine. »Du warst dabei. Du hast ihm geholfen! Wie konntest du für ihn den Zauber lenken, nachdem du wusstest, was er tun will?«

»Glaubst du, ich hätte mich widersetzen können?«, erwiderte Mikail ruhig. »Ich wurde Jahre vor dir von ihm gezeichnet und gebunden.«

Kiran setzte sich wieder. »Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich Alisa schreien und mich um Hilfe anflehen.« Er schlug sich die Hände vors Gesicht. »Ich kann das nicht ertragen. Ich kann es nicht. Immer wieder denke ich: Wenn ich seinen Zorn nur genügend anfache …«

»Du kleiner Narr!«, unterbrach Mikail ihn scharf. »Selbst in seinem schlimmsten Zorn würde Ruslan dich nicht töten. Aber wenn du ihn weiter provozierst, treibst du ihn dazu, dir den freien Willen zu nehmen. Willst du das?«

»Das ist immer noch besser, als mit dem Wissen zu leben, dass Alisa meinetwegen qualvoll gestorben ist!« Kiran schlug mit der Faust auf den Steinboden.



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